• Die richtige Auswahl des Scheidungsanwalts: knallhart, butterweich oder vielleicht doch ganz anders?

Bernd und Michael treffen sich am Nachmittag im Café. Bernd erzählt seinem Freund, dass seine Ehefrau Katja sich von ihm scheiden lassen möchte. Sie sei auch schon bei einem Anwalt gewesen wegen der Kinder, wegen des gemeinsamen Hauses und wegen des Unterhalts. Katja`s Gründe für die Trennung kann Bernd nicht verstehen. Er ist wütend und verletzt. Er denkt, dass seine Frau ihn ausnehmen will. Und er hat Angst, dass er die gemeinsamen Kinder verliert. Das alles berichtet er seinem Freund Michael. Der fragt: „Und was wirst Du jetzt tun?“ „Na, so einfach kommt die mir nicht davon,“ antwortet Bernd. „Meine Kinder, mein Geld, und dann hat sie bestimmt auch schon einen neuen Typen, der das alles mit abgreift… Ich nehme mir natürlich auch einen Anwalt, und zwar einen knallharten, einen, der rigoros durchgreift und der so richtig auf den Tisch haut!“

So oder so ähnlich mag die Motivation bei manch einem aussehen, dessen Eheleben gerade in Scherben liegt, dessen Traum von einem glücklichen Familienleben gerade wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen ist. Man muss nicht Psychologie studiert haben um zu erkennen, dass diese Art der Motivation von negativen Gefühlen geprägt ist: Angst, Wut, Verzweiflung, der Wunsch nach Vergeltung dafür, dass der andere einem - vermeintlich - das Leben kaputtgemacht hat.

Aber wohin trägt einen das?

Wenn Bernd tatsächlich einen Vertreter der Spezies Anwalt findet, der rigoros „auf den Tisch haut“: Wird dieser Anwalt ihm helfen können, alle im Zuge der Scheidung zu regelnden Angelegenheiten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis zu führen? Wird dieser Anwalt sich darum bemühen, den betroffenen Kindern Eltern zu bewahren, die nicht im ständigen Krieg miteinander stehen? Wohl kaum.

Egal, wie groß Verletzung, Wut oder Enttäuschung sein mögen - der Blick nach vorn sollte über die Wahl des Anwalts entscheiden. Wie soll das Leben aussehen, wenn das Scheidungsverfahren mit all seinen Nebenschauplätzen abgeschlossen ist?

Im Falle von Bernd dürfte es sich so verhalten, dass er trotz der Trennung weiterhin viel Zeit mit seinen Kindern verbringen möchte. Dafür müssten sich die Eltern darüber einig werden, bei wem die Kinder künftig leben werden, bei der Mutter, beim Vater, bei beiden im Wechsel? Möglicherweise müssen Umgangstermine vereinbart werden, Ferienzeiten aufgeteilt werden. Und wo feiern die Kinder ihre Geburtstage, Ostern, Weihnachten?

All diese Themen bedürfen einer guten Kommunikation zwischen den Eltern, wenn sie für die Kinder nicht belastend werden sollen. Nach einer Trennung fällt dies vielen Eltern schwer. Hier mag manches Mal sogar Hilfe von außen angezeigt sein, z.B. in Form der Unterstützung durch eine Familienberatungsstelle, eine Erziehungsberatung oder durch einen Familiencoach. Was getrennte Eltern in dieser Situation aber mit Sicherheit nicht brauchen, ist ein Anwalt, der „auf den Tisch haut“. Hier ist vermittelndes Talent gefragt, Deeskalation statt Konfrontation, ein Gespür für die jeweilige Situation. Darin liegt kein Kleinbeigeben, sondern die Fähigkeit, die Wünsche der Mandantschaft in zielführender Weise weitmöglich zu realisieren. Damit am Ende jeder mit dem Ergebnis gut leben kann, Eltern und Kinder.

Auch im Hinblick auf die finanziellen Angelegenheiten täte Bernd gut daran, einen Anwalt zu Rate zu ziehen, der die andere Seite nicht polternd mit Forderungen überzieht, sondern sich sorgfältig mit den Gegebenheiten auseinandersetzt, durchsetzbare Möglichkeiten aufzeigt und diese in angemessener Weise gegenüber der Gegenseite und notfalls auch vor Gericht kommuniziert.

Bei der Wahl des „richtigen“ Scheidungsanwalts sollten daher eher Kriterien wie Erfahrung, die Fähigkeit zu realistischen Einschätzungen, Feingefühl und Kommunikationsgeschick ausschlaggebend sein - nicht hingegen die Frage danach, welcher Löwe am lautesten brüllt…

Rechtsanwalt Maeß

Maeß & Heller Rechtsanwälte