Kann ich meinen bezahlten Jahresurlaub auszahlen lassen?

Diese Frage trieb viele Arbeitnehmer in der Europäischen Union bis zum Ende letzten Jahres um.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im November 2018 festgestellt, dass Urlaubsansprüche grundsätzlich selbst dann nicht verfallen - also zu vergüten sind - wenn der Arbeitnehmer überhaupt keinen Urlaubsantrag gestellt hat. Mehr noch, der Anspruch kann gemäß einer weiteren Entscheidung sogar vererbt werden, was zuvor noch vom deutschen Bundesarbeitsgericht abgelehnt worden war.

Geklagt hatten zwei deutsche Staatsbürger. Beide hatten ihren Jahresurlaub innerhalb des Kalenderjahres nicht vollständig genommen und nun von ihrem jeweiligen Arbeitgeber eine Entschädigung in Geld gefordert.

Die Vorinstanzen - das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und das Bundesverwaltungsgericht - hatten die Frage zur Klärung an den EuGH verwiesen.

Eine Entschädigung war nach Auslegung der europäischen Arbeitszeitrichtlinie (RL 2003/88) durch das Land bisher nur dann zu leisten, wenn auf Grund von Krankheit oder anderer, nicht auf dem Willen des Arbeitnehmers basierender Umstände kein Urlaub genommen werden konnte.

Die Luxemburger Richter sahen dagegen die Bedingungen für einen Ersatzanspruch in Geld aber schon dann als gegeben an, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und nicht alle Urlaubstage genommen worden waren. Das Gericht argumentierte, dass der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis die schwächere Partei ist und sich deshalb im Einzelfall abgeschreckt fühlen könnte, seine Rechte durchzusetzen.

Dabei spielt es nach Auffassung der Richter im Übrigen auch keine Rolle, ob es sich um einen öffentlich-rechtlichen oder einen privaten Arbeitgeber handelt.

 

Für den Arbeitgeber hat diese Entscheidung enorme Konsequenzen. Er kann einen solchen Abgeltungsanspruch wohl nur noch dann verhindern, wenn er den Nachweis erbringen kann, dass er seine Mitarbeiter bereits im laufenden Jahr über noch bestehende Urlaubstage aufgeklärt und auch in die Lage versetzt hat, den Urlaub tatsächlich nehmen zu können, diese aber aus freien Stücken darauf verzichtet haben.

Rechtsanwalt Manfred Heller und

Referendar Lennard Kruse

Rechtsanwälte Maeß & Heller