Abwicklung eines Verkehrsunfalls

Die Abwicklung einer Verkehrsunfallregulierung gestaltet sich teilweise überaus kompliziert. Dies liegt zum einen an den nicht ganz einfachen rechtlichen Regelungen und zum anderen an der zu diesem Thema für den Laien nahezu unüberschaubaren Rechtsprechung.

Selbst die Abwicklung  eines "normalen" Verkehrsunfalls mit geklärter Schuldfrage ist für den juristischen Laien nur  schwer durchführbar, will er sich nicht der Gefahr aussetzen, auf einen Teil seiner Ansprüche aus Unwissenheit zu verzichten.

Daher darf nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs derjenige, der schuldlos in einen Verkehrsunfall verwickelt wird, auf Kosten der gegnerischen Versicherung einen Rechtsanwalt mit der Abwicklung der Unfallregulierung beauftragen.

Allenfalls bei kleineren Unfällen ohne Personenschaden sollte aus Gründen der Schadensminderungspflicht in Erwägung gezogen werden, den Unfall selbst abzuwickeln. Aber auch hier sollte der rechtliche Rat eines Fachmanns eingeholt werden.

Dabei sollten folgende Aspekte bedacht werden:


Versicherungen

Zunächst ist die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung, dann die gegnerische Versicherung über den Unfall zu informieren. Ist Ihnen die Versicherungsgesellschaft des Unfallgegners nicht bekannt, kann ein Anruf beim " Zentralruf der Autoversicherer" weiterhelfen. Hier wird mit Hilfe des Namens oder auch nur des Kennzeichens des Schädigers dessen Versicherung ermittelt.

Grundsätzlich kann der Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz der ihm durch den Unfall entstandenen Schäden gegen den Unfallverursacher geltend machen. Der Geschädigte kann seine Schadensersatzansprüche jedoch auch direkt gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers geltend machen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass der Geschädigte auch dann einen Ersatz für seine Schäden erlangt, wenn der Unfallgegner zahlungsunfähig ist. Regelmäßig wird daher der Regulierungsanspruch bei der gegnerischen Versicherung angemeldet.

Ist die Versicherung bekannt, melden Sie die Schäden dort schriftlich an. Die Ihnen entstandenen Schäden sind dabei durch entsprechende Nachweise zu belegen. Für den Hauptsachschaden, das beschädigte Fahrzeug, ist bei Schäden unter 500 € (teilweise 750 €, nachfragen!) der Reparaturkostenvoranschlag einer Vertragswerkstatt in der Regel ausreichend für die Regulierung. Den Versicherungen steht es jedoch frei, auch bei derartigen Schäden einen Gutachter mit der Schadensbegutachtung zu beauftragen. Die Kosten dafür trägt die Versicherung selbst. Ein Gutachten wird regelmäßig auch dann notwendig, wenn ein wirtschaftlicher Totalschaden aufgrund des Fahrzeugalters vermutet wird. Das gleiche gilt bei neuen oder neuwertigen Fahrzeugen, da u. U. ein sogenannter merkantiler Minderwert vorliegt. Das muss der Gutachter feststellen.

Liegt der Schaden am Auto über 750 €, wird die Schadenshöhe regelmäßig von einem Gutachter ermittelt. Auf Basis des erstellten Gutachtens erfolgt sodann die Abrechnung. Überzeugt das von der gegnerischen Versicherung in Auftrag gegebene Gutachten den Geschädigten nicht, so kann er einen weiteren Gutachter beauftragen. Ob die Kosten für ein neues (weiteres) Parteigutachten von der gegnerischen Versicherung ersetzt werden, wird uneinheitlich beurteilt. Im Zweifelsfall sollte man bei der gegnerischen Versicherung vorher das Einverständnis erfragen und sich dieses gegebenenfalls schriftlich bestätigen lassen.

Nach Begutachtung des Schadens bleibt es grundsätzlich dem Geschädigten überlassen, ob er sein Fahrzeug in die Werkstatt verbringt oder in Eigenarbeit instandsetzt. Maßgebend für die Schadenshöhe bleibt dabei das erstellte Gutachten. Dies gilt auch dann, wenn die Reparatur des Fahrzeugs in Eigenregie den vom Gutachter festgestellten Schadensumfang deutlich unterschreitet. Wird das Fahrzeug in eine Werkstatt verbracht, hat die Versicherung grundsätzlich nur die Werkstattrechnung zu begleichen, auch wenn das Gutachten eine höhere Summe ausweist, weil darin beispielsweise von höheren Kostensätzen ausgegangen wurde.

Darüber hinaus hat der Geschädigte grundsätzlich Anspruch auf die Erstattung der Reparaturkosten in Höhe von bis zu 130 % des Wiederbeschaffungswertes. Das folgt daraus, dass der Geschädigte nicht gezwungen sein soll, aufgrund des Unfalls auf seinen gewohnten PKW zu verzichten, auch wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um bis zu 30 % übersteigen. Zu beachten ist, dass diese Regelung nur für den Fall einer Instandsetzung gilt.

Bsp: Der PKW des Geschädigten hat einen Wiederbeschaffungswert von 10.000.- EUR. Der Gutachter ermittelt Reparaturkosten in Höhe von 13.000.- EUR, d.h. das Fahrzeug weist einen wirtschaftlichen Totalschaden auf. Der Geschädigte kann nun gleichwohl die ermittelten Reparaturkosten nach tatsächlicher Reparatur verlangen, da diese noch innerhalb des 130 %-Rahmens liegen.

Nach dem nunmehr gültigen Schadensrecht kann die gegnerische Versicherung bei Abrechnung nach Gutachten oder Kostenvoranschlag die Umsatzsteuer von der Erstattungssumme in Abzug bringen. Diese ist bei einem Totalschaden dann jedoch zu ersetzen, wenn das Fahrzeug im Kfz-Handel überwiegend differenzbesteuert angeboten wird. Unter Berücksichtigung der üblichen Margen zwischen Händlereinkauf und –verkauf bei derartigen Fahrzeugen, kann von einem Mehrwertsteueranteil bezogen auf den Wiederbeschaffungswert in Höhe von 2 % ausgegangen werden. Man sollte also darauf achten, dass der Gutachter die Differenzsteuer im Gutachten ausweist.


Sachschäden

Der Sachschadensersatz umfasst den Ersatz des Fahrzeugschadens und den Ersatz anderer durch den Unfall beschädigter Gegenstände, z. B. Kleidung, Schuhwerk, Brille, etc.
Der Geschädigte hat zudem einen Anspruch auf Ersatz der durch den Unfall verursachten Heilbehandlungskosten (Arztkosten, Zuzahlungen bei Krankenhausaufenthalt, Physiotherapie, Medikamenten).  

Für die Dauer der Reparaturzeit kann dem Geschädigten bei entsprechendem Bedarf ein Anspruch auf einen Mietwagen zustehen. Gleiches gilt bei einem Totalschaden. Hier darf sich der Geschädigte für die Dauer der Wiederbeschaffungszeit einen Ersatzwagen mieten, wobei je nach Typ i.d.R. ein Zeitraum von 2 - 3 Wochen nicht überschritten werden sollte. Anhaltspunkt für den angemessenen Bedarfszeitraum ist regelmäßig das Gutachten. Dort vermerkt der Sachverständige den Wiederbeschaffungszeitraum oder die voraussichtliche Reparaturdauer.

Grundsätzlich darf nach einem unverschuldeten Unfall ein Wagen des gleichen Typs angemietet werden. Allerdings muss sich der Geschädigte hier die sog. ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen. Dabei handelt es sich um solche Kosten, die der Geschädigte ohne den Unfall für sein eigenes Fahrzeug hätte aufwenden müssen, z.B. Unterhalts- und Abnutzungskosten. In der Praxis führt dies dazu, dass die Versicherer i.d.R. nur die Kosten für einen Mietwagen unterhalb der Klasse des eigenen Fahrzeugs vollständig erstatten. Da auch die Rechtsprechung diese Problematik nicht ganz einheitlich beurteilt, sollten Sie sich vor der Anmietung eines Ersatzwagens mit der gegnerischen Haftpflichtversicherung in Verbindung setzen und sich erkundigen, welche Kosten tatsächlich übernommen werden.

Bitte beachten Sie, dass die Kosten für einen Mietwagen nicht in allen Fällen übernommen werden. Dem Geschädigten obliegt im Falle eines Unfalls eine sogenannte Schadensminderungspflicht, d. h. er darf die Kosten für die Schadensregulierung nicht unnötig in die Höhe treiben. Benötigt ein Geschädigter den Mietwagen z. B. nur für wenige Kilometer Wegstrecke, dann kann die Versicherung die Erstattung der Mietwagenkosten verweigern, wenn die Inanspruchnahme eines Taxis wesentlich kostengünstiger gewesen wäre. Grundsätzlich sollte folglich vor der Inanspruchnahme eines Mietwagens genau geprüft werden, ob dieser tatsächlich benötigt wird. In Zweifelsfällen empfiehlt es sich stets, bei der gegnerischen Versicherung vorzusprechen und sich ggf. schriftlich die Kostenübernahme bestätigen zu lassen.

Entscheidet ein Geschädigter sich gegen die Nutzung eines Mietwagens, so steht ihm für den Zeitraum, in dem er seinen PKW aufgrund des Unfalls nicht nutzen kann, eine Entschädigung in Geld zu, der sog. Nutzungsausfall. In der Praxis erfolgt die Berechnung der Entschädigung für gewöhnlich anhand der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch, die für alle gängigen Fahrzeugtypen einen bestimmten Entschädigungsbetrag pro Tag ausweist.

Als weitere Schadensposition kann eine Unkostenpauschale in Höhe von ca. 20 - 30 € geltend gemacht werden, ohne dass die hierfür getätigten Aufwendungen konkret nachgewiesen werden müssen. Übersteigen die eigenen Auslagen, z. B. Telefonkosten, Porto die 25 € - Grenze, so sind diese Kosten unter Vorlage der entsprechenden Quittungen ebenfalls erstattungsfähig.

Personenschäden

Schmerzensgeld: Unter Umständen hat der bei einem Unfall Geschädigte einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Dieses Schmerzensgeld soll einen Ausgleich für die bei einem Unfall erlittenen physischen und psychischen Schäden erbringen. Dieser Anspruch besteht nach neuerem Schadensrecht auch aufgrund der Gefährdungshaftung. Ein Verschulden ist nicht mehr zwingend Voraussetzung, kann jedoch u. U. die Höhe beeinflussen. 

Der Geschädigte kann zudem einen Anspruch auf Verdienstausfall geltend machen, wenn er aufgrund des Unfalls für einen bestimmten Zeitraum seiner beruflichen Tätigkeit nicht nachgehen kann.

Der sogenannte Haushaltsführungsschaden berücksichtigt die Arbeitsleistung im Haushalt. Die Bemessung des Schadens orientiert sich in erster Linie an der Größe der Familie, die zu betreuen ist. Daneben ist von Bedeutung, ob die geschädigte Person neben der Hausarbeit einer anderen beruflichen Tätigkeit nachgeht. Aufgrund der beruflichen Tätigkeit reduziert sich die Höhe der Entschädigung, da nur für den Zeitraum Entschädigung geleistet wird, in eine geschädigte Person tatsächlich im Haushalt tätig sein kann. Weitere Bemessungskriterien können eine aufwändige Gartenpflege, die Versorgung von Haustieren o. ä. sein. Werte zu Haushaltsführungszeiten finden sich in Tabellenwerken verschiedener Autoren. Die Rechtsprechung ist zur Schadensposition des Haushaltsführungsschadens bis heute sehr uneinheitlich, so dass die Geltendmachung ohne fachlichen Beistand sich zumeist schwierig gestalten dürfte.

 

Die Aufzählung der Schadensersatzpositionen ist nicht abschließend. Weitere Ersatzmöglichkeiten sind denkbar.