Umgangsrecht- entscheidend ist das Kindeswohl!

Die Zahl der Trennungen nimmt jedes Jahr zu. Betroffen von dem Entschluss der Eltern, nicht mehr gemeinsam leben und wirken zu wollen, sind in den meisten Fällen vor allem die gemeinsamen Kinder. Diesen fällt es oft am schwersten mit der neuen Lebenssituation umzugehen und das Erlebte, vielleicht im Rahmen einer oftmals nicht friedlich ausgetragenen Scheidung, angemessen zu verarbeiten.

Auch wenn sich die meisten Elternteile im Rahmen einer Scheidung bemühen, ihre Differenzen nicht zu Lasten des Wohles des gemeinsamen Kindes auszutragen, bekommt dieses doch weitaus mehr von den Streitigkeiten mit, als erhofft. Die Folgen für die Psyche des Kindes sind häufig auf den ersten Blick noch gar nicht abschätzbar, Verlustängste bezüglich eines Elternteils spielen eine zentrale Rolle.

Für eine psychologische Aufarbeitung der Familienauflösung ist es bedeutsam für das Kind den Kontakt zu beiden Elternteilen aufrechtzuerhalten. Zur Aufrechterhaltung der Bindung des Kindes an seine Eltern dient das Umgangsrecht.

Das Umgangsrecht des Kindes zum Umgang mit beiden Elternteilen umfasst persönliche Besuche, Ferienaufenthalte sowie Brief- und Telefonkontakte. Es soll dem Bedürfnis nach Liebe beider Teile Rechnung tragen. Das Umgangsrecht ist als Recht des Kindes konzipiert worden und findet seine gesetzliche Normierung in dem § 1684 Abs.1 Hs.1 BGB. Im Mittelpunkt der Vorschrift stehen nicht mehr die Eltern, sondern das Kind!

Entgegen einer Auffassung in der Gesellschaft steht das Umgangsrecht auch dem nicht sorgeberechtigten Elternteil zu. Es genießt den Schutz des in Art.6 Abs.2 S.1 GG verfassungsrechtlich normierten Elternrechts, sodass den Sorgeberechtigten die Verpflichtung trifft, den Umgang mit dem Kind auch dem anderen Elternteil zu ermöglichen. Insbesondere ist alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zu einem Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert.

Problematisch ist, dass es bezüglich der inhaltlichen Ausgestaltung des Umgangsrechtes keine festen Richtwerte gibt. Die Gerichte sind an Anträge der Eltern nicht gebunden, erwarten allerdings konkrete Anregungen. Die Elternteile sollen die Art und Weise des Umgangs mit ihrem Kind durch Vereinbarungen regeln, in dessen Mittelpunkt das Kindeswohl stehen soll. Mitentscheidend sollen Bedürfnisse des Kindes und Möglichkeiten der Eltern sein. Das Kindeswohl genießt dabei vorrangige Bedeutung gegenüber dem Elternrecht.

Die Angst vor Entfremdung infolge längerer Unterbrechungen des Umgangsrechts hindern Elternteile jedoch häufig daran eine konstruktive Lösung im Sinne des Kindeswohls zu treffen.

In der gerichtlichen Praxis ist häufig die Regelung anzutreffen, dass das Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, dieses jedes zweite Wochenende zu sich nach Hause holt. Bei enger räumlicher Nähe der Wohnsitze der Elternteile macht es gegebenenfalls Sinn eine Ein-Wochen-Regelung zu treffen, bei dem das Kind seinen Aufenthalt alle ein bis zwei Wochen ändert. Dieses Modell ermöglicht dem Kind regelmäßigen Kontakt mit beiden Elternteilen, erschwert es jedoch auch sich fest auf einen Wohn- und Rückzugsort einzulassen.

Aufgrund fehlender Richtwerte zur Ausgestaltung des Umgangsrechtes bleibt es den Familien zum größten Teil selbst überlassen für welches Regelungsmodell sie sich entscheiden.

Auch wenn das Zeitalter der Digitalisierung den Beteiligten immer mehr Möglichkeiten gibt, sich auch über größere räumliche Distanzen zu verständigen und in Kontakt zu bleiben, sollte nicht vergessen werden, dass ein Kind in einer solchen Situation vor allem die Liebe und Aufmerksamkeit seiner beiden Elternteile benötigt.

Der Gesetzgeber statuiert in dem § 1684 Abs.2 außerdem die Pflicht beider Elternteile zu wechselseitigem loyalen Verhalten bei der Ausübung des Umgangsrechts

Trotz aller Differenzen zwischen den Elternteilen ist es daher anzuraten, sich kompromissbereit zu zeigen und hinsichtlich des Umgangsrechtes auch ein Stück aufeinander zuzugehen und seine eigene emotionale Vorbelastung hinter den Interessen und Bedürfnissen des Kindes zurückzustellen.

In Bezug auf die Ausgestaltung des Umgangsrecht sollte daher immer beachtet werden: Entscheidend ist das Kindeswohl!

Verfasser: Lennart Olzog, Student aus Kiel für:

Maeß & Heller

Rechtsanwälte

11.09.2018