Rechtfertigen (menschen)verachtende Äußerungen gegenüber Geflüchteten und Kollegen in einem privaten Chat eine Kündigung?

Ein impulsives "Ja", das vielen bei dieser Frage auf den Lippen liegen mag, muss in der juristischen Praxis in das typische "es kommt darauf an" umformuliert werden. Denn wer in einem privaten Chat von seinem eigenen Handy in einem zumeist kleinen Personenkreis selbst menschenverachtende Äußerungen gegen Volksgruppen oder Kollegen formuliert, liefert hierdurch nicht automatisch einen immer durchgreifenden Kündigungsgrund. Das gilt selbst dann, wenn der sich Äußernde bei einem Verein angestellt ist, der sich der Flüchtlingshilfe widmet.

Hierfür gibt es mehrere Gründe: Zum einen unterliegen private Äußerungen, welche nicht zur Weitergabe an Dritte bestimmt sind, dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und haben damit Verfassungsrang, was im Falle einer Kündigung  daher besonders zu berücksichtigen ist.

Zum anderen muss die Äußerung darüber hinaus erkennen lassen, dass der Gekündigte zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht (mehr) hinreichend geeignet ist. Hierbei kommt es insbesondere darauf an, welcher Tätigkeit dieser genau nachgegangen ist. War er beispielsweise ausschließlich in einem technischen Bereich tätigt, ohne dabei Kontakt oder sonstige Betreuungsverhältnisse zu Geflüchteten zu haben, sind selbst verächtliche Äußerungen kein hinreichender Beleg für eine mangelnde Eignung der Erfüllung seiner konkreten Aufgaben.

Das führt aber nicht dazu, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gänzlich ausgeschlossen ist. So sprach das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 19.07.2021, Az.: 21 Sa 1291/20) antragsgemäß aus, dass der Vertrag gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen war, da eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr zu gewährleisten sei. Bei dem Bekanntwerden des Rechtsstreits sei es dem hier betroffenen Verein zudem nicht mehr möglich, Geflüchteten glaubwürdig gegenüberzutreten und neue ehrenamtliche Helfer zu gewinnen. Hinsichtlich der Abfindungshöhe wurde zudem insbesondere berücksichtigt, dass den Gekündigten ein Auflösungsverschulden trifft, was zu einer erheblichen Kürzung der Abfindung führt.

Hierdurch zeigt sich eine adäquate Schnittstelle zwischen Recht und Gerechtigkeit; denn trotz präziser Differenzierung des Landesarbeitsgerichts und tatsächlicher Unwirksamkeit der Kündigung konnte sich der Beklagte zu Recht nicht in seinem Arbeitsverhältnis halten.

Mitgeteilt von:

Eric Meinck, Referendar

Maeß & Heller

Rechtsanwälte